Vorsteuer - Wissenswertes zum Vorsteuerabzug und wann sie abziehbar ist
Durch das sog. “Allphasen-Netto-Prinzip” der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie soll die Umsatzsteuer immer von dem letzten Kunden getragen werden - dem sog. Endverbraucher. Unternehmer können in der Regel die Umsatzsteuer auf Eingangsrechnungen als Vorsteuer abziehen und sind in der Folge nicht mit Umsatzsteuer belastet. Im folgenden Beitrag wollen wir uns die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug anschauen, damit die Umsatzsteuer tatsächlich ein durchlaufender Posten bleibt und nicht beim Unternehmer “hängen” bleibt. Im Übrigen ist die umsatzsteuerliche Behandlung unabhängig davon, ob Sie als Einzelunternehmer, Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft (wie bspw. GmbH) firmieren.

Auf einer Eingangsrechnung enthaltene Steuerbeträge, die als Vorsteuer abziehbar sind, erhält der Unternehmer vom Finanzamt erstattet. In der Regel erfolgt jedoch eine Verrechnung mit den Umsatzsteuerverbindlichkeiten, die sich aus den Umsatzsteuerbeträgen ergibt, die der Unternehmer auf seinen Ausgangsrechnungen ausweist.
Grundlagen des Vorsteuerabzugs
Auf einer Eingangsrechnung enthaltene Steuerbeträge, die als Vorsteuer abziehbar sind, erhält der Unternehmer vom Finanzamt erstattet. In der Regel erfolgt jedoch eine Verrechnung mit den Umsatzsteuerverbindlichkeiten, die sich aus den Umsatzsteuerbeträgen ergibt, die der Unternehmer auf seinen Ausgangsrechnungen ausweist.
Grundsätzlich hat der Unternehmer das Recht, die ihm auf seinen Eingangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG):
- Es liegt eine ordnungsgemäße Rechnung vor
- Die auf der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer wird vom leistenden Unternehmer tatsächlich geschuldet
- Der Leistungsbezug, für den die Rechnung erstellt wurde, erfolgt für Zwecke seines Unternehmens (d.h. nicht für private Zwecke bzw. den nichtunternehmerischen Bereich)
Ein Leistungsbezug für den nichtunternehmerischen Bereich liegt dann vor, wenn die Lieferung zu weniger als 10% betrieblich genutzt wird. In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug zu 100% ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass die unternehmerische Nutzung bei bspw. 9% liegt.
Bezug der Leistung für Zwecke des Unternehmens
Die jeweilige Leistung muss vom anderen Unternehmer für Zwecke des Unternehmens des Leistungsempfängers ausgeführt worden sein. Daher ist eine vollständige oder teilweise Zuordnung zum Unternehmensvermögen notwendig. Bei der Prüfung, ob eine Lieferung oder sonstige Leistung dem Unternehmen zuordenbar ist, wird wie folgt unterschieden (Absch. 15.2c Abs. 2 Satz 1 ff. UStAE):
- Einheitliche Gegenstände: Hierbei handelt es sich um Sachen, die ihrer Natur nach nicht aufteilbar sind. Dies ist bspw. bei Fahrzeugen der Fall. Da eine Aufteilung nicht möglich ist, kann nur ein hilfsweiser Maßstab herangezogen werden (bei Fahrzeugen bspw. die gefahrenen Kilometer).
- Vertretbare Sachen: Hierunter fallen Gegenstände, die ihrer Art nach verpflichtend aufzuteilen sind. Vertretbare Sachen kennzeichnen sind dadurch, dass diese eindeutig aufgeteilt werden können. Beispielhaft zu nennen sind hier Rohstoffe, Betriebsstoffe oder Büroutensilien.
- Sonstige Leistungen: Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 UStG) - also die Art von Leistung, die nicht darin besteht einen Gegenstand an den Unternehmer zu liefern.
Aufteilungsgebot, Zuordnungsgebot, Zuordnungsverbot und Zuordnungswahlrecht
Für Zwecke der Umsatzsteuer ist zwischen einem Aufteilungsgebot, Zuordnungsgebot, Zuordnungsverbot und Zuordnungswahlrecht zum Betriebsvermögen zu unterscheiden.
Aufteilungsgebot: Das Aufteilungsgebot wurde durch die Rechtsprechung vom BFH etabliert und über die Jahre hinweg immer wieder bestätigt. Es bezieht sich ausschließlich auf die Lieferung vertretbarer Sachen und den Erhalt sonstiger Leistungen. Die Vorsteuer ist hierbei nur insoweit abziehbar, wie die vertretbare Sache dem Unternehmen zugeordnet wurde. Der Aufteilungsmaßstab ist hierbei für gewöhnlich eine mengenmäßige oder zeitliche Angabe.
Zuordnungsgebot und Zuordnungsverbot: Das Zuordnungsgebot und das Zuordnungsverbot bezieht sich auf einheitliche Gegenstände wie bspw. Fahrzeuge oder Gebäude. In diesen Fällen hat der Unternehmer kein Wahlrecht, sondern muss die Leistung entweder ganz oder gar nicht dem Unternehmen zuordnen.
Das Zuordnungsgebot greift, wenn der Unternehmer eine Leistung ausschließlich für unternehmerische Zwecke bezieht. In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug in voller Höhe möglich.
Im Umkehrschluss greift das Zuordnungsverbot, wenn ein Unternehmer eine Leistung ausschließlich für den nichtunternehmerischen Bereich (d.h. für private Zwecke) bezieht. In diesem Fall ist kein Vorsteuerabzug möglich.
Zuordnungswahlrecht: Zu guter Letzt gibt es auch noch das Zuordnungswahlrecht. Dies gilt für einheitliche Gegenstände, die der Unternehmer sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für seinen privaten Bereich nutzt bzw. beabsichtigt zu nutzen. Auch hierbei kann der Unternehmer einen einheitlichen Gegenstand vollständig dem Unternehmen oder vollständig dem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen (Absch. 15.2c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b UStAE).
Übt der Unternehmer eine Zuordnung zum Unternehmen aus, so kann zunächst der Vorsteuerabzug in voller Höhe geltend gemacht werden. Allerdings sind auch die steuerlichen Folgen einer unentgeltlichen Wertabgabe zu ziehen (§ 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG).
Die Zuordnung zum Unternehmen übt der Unternehmer auf Basis einer Prognose aus (beabsichtigte zukünftige Nutzung). Weicht die tatsächliche Nutzung von der Prognose ab (sog. Änderung der maßgeblichen Verhältnisse), ist eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG vorzunehmen.
Beispiel: Der Unternehmer geht davon aus, dass er ein Gebäude zu 100% betrieblich nutzen wird und ordnet das Gebäude daher ganz dem Unternehmen zu. Entsprechend wird ein Vorsteuerabzug in Höhe von 100% vorgenommen. Später stellt sich jedoch heraus, dass er das Gebäude zu 50% privat nutzt, was eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG erforderlich macht (Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse). Im Rahmen dieser Vorsteuerkorrektur ist die zu viel geltende gemachte Vorsteuer (hier: 50%) an das Finanzamt zu zahlen. Da es sich bei der Zuordnungsentscheidung jedoch um eine Prognose handelt, sind keine negativen Rechtsfolgen (wie bspw. Schätzungen, Strafen, etc.) daran geknüpft.
Ordnungsgemäße Rechnung iSd. §§ 14, 14a UStG als Voraussetzung des Vorsteuerabzugs
Voraussetzung für den Abzug der Vorsteuer ist eine den Grundsätzen des § 14 Abs. 4 UStG ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung. An dieser Stelle verweisen wir auf den den Blogbeitrag zur ordnungsgemäßen Rechnung nach § 14, 14a UStG.
Ausschluss des Vorsteuerabzugs - § 15 Abs. 1a, Abs. 1b, Abs. 2 UStG
Auch wenn die oben genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen, kann es sein, dass der Vorsteuerabzug per Gesetz ausgeschlossen ist. Dies kann bspw. bei folgender nicht abschließender Aufzählung der Fall sein:
- Nicht abziehbare Betriebsausgaben: Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf nicht abziehbare Betriebsausgaben iS. § 4 Abs. 5 EStG entfallen. Sofern es ein einkommensteuerliches Abzugsverbot für Aufwendungen gibt, schlägt dieses auch auf die Umsatzsteuer durch. Einzige Ausnahme hiervon sind die Bewirtungsaufwendungen, bei denen keine Einschränkung auf 70% der Bewirtungskosten greift (§ 15 Abs. 1a UStG).
- Keine vollständige Zuordnung bei Grundstücken: Bei Grundstücken ist die Vorsteuer nur insoweit abziehbar, als das Grundstück auch unternehmerisch genutzt wird. Für den privat genutzten Anteil gilt ein vollständiges Abzugsverbot. Als Aufteilungsmaßstab gilt hierbei regelmäßig die Quadratmeterzahl (§ 15 Abs. 1b Satz 1 UStG).
- Steuerfreie Ausgangsleistungen: Unternehmer, die nach § 4 UStG steuerfreie Leistungen ausführen, können für diese Leistungen keinen Vorsteuerabzug beanspruchen (§ 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG). Optiert der Unternehmer zur Umsatzsteuerpflicht, kann er auch (gegebenenfalls anteilig) die Vorsteuer geltend machen (§ 9 UStG).
Wie so oft im Steuerrecht gibt es für jeden Grundsatz eine Ausnahme und oftmals auch eine Rückausnahme hierzu. So gilt für bestimmte steuerfreie Umsätze, dass der Vorsteuerabzug erhalten bleibt (§ 15 Abs. 3 UStG). Die folgende Aufzählung ist beispielhaft und nicht abschließend:
- § 4 Nr. 1 UStG: Ausfuhr- und innergemeinschaftliche Lieferungen iSd. §§ 6, 6a UStG
- § 4 Nr. 8 UStG: Umsätze mit Zahlungsmitteln, Wertpapieren und Gesellschaftsanteilen sowie die Gewährung von Vermittlung von Krediten
- § 4 Nr. 9 lit. a UStG: Umsätze, die unter die Grunderwerbsteuer fallen
- § 4 Nr. 14 lit. a UStG: Heilbehandlungen von Ärzten, Zahnärzten, Heilpraktikern und Physiotherapeuten
Details zu den Befreiungen von der Umsatzsteuer finden Sie in unserem Blogbeitrag zur Umsatzsteuerpflicht und Befreiungen.
Häufig Fragen & deren Antworten
Hier finden Sie die häufigsten Fragen. Ihre ist nicht dabei? Dann klären wir sie gerne in einem persönlichen Gespräch.
Jetzt Termin vereinbarenWann kann ich Vorsteuer abziehen?
Sie dürfen die Vorsteuer abziehen, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG):
- Es liegt eine ordnungsgemäße Rechnung vor.
- Die Umsatzsteuer wird tatsächlich vom leistenden Unternehmer geschuldet.
- Der Leistungsbezug erfolgt für unternehmerische Zwecke (mindestens 10% betriebliche Nutzung).
Wann ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen?
Der Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen bei:
- Privater Nutzung zu mehr als 90% (nichtunternehmerischer Bereich).
- Nicht abziehbaren Betriebsausgaben (z.B. Geldbußen, Geschenke > 50 €).
- Steuerfreien Ausgangsumsätzen, wenn keine Option zur Umsatzsteuerpflicht besteht (§ 4 UStG).
Was bedeutet das Aufteilungsgebot bei Eingangsleistungen?
Bei vertretbaren Sachen (z.B. Rohstoffe, Büromaterial) und sonstigen Leistungen müssen die Kosten aufgeteilt werden, wenn sie sowohl unternehmerisch als auch privat genutzt werden. Nur der unternehmerische Teil ist vorsteuerabzugsberechtigt.
Was passiert bei einer Änderung der Nutzung?
Wenn sich die tatsächliche Nutzung später ändert (z.B. privat statt betrieblich), muss eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG erfolgen.
Nicolai Syska
Nicolai ist Geschäftsführer und Steuerberater. Sein Beratungsschwerpunkt liegt in der Beratung grenzüberschreitender Sachverhalte sowie in der Gestaltungsberatung.

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